Rosa Arbeiter auf Goldener Straße
Teil 1:
Deutschland 1968
Produktion, Buch,
Regie, Kamera & Schnitt:
Rosa von Praunheim
Musik: Collage aus Schlagertexten &
DDR Rundfunk
Darsteller: Carla Aulaulu, Rainer Kanich

Format: 8 mm
Laufzeit: 12 Min.,
S/W und Farbe
Gedreht in Berlin, Frühsommer 1968
EA: Berlinale, 1968
Verleih: –

Teil 2:
Deutschland 1968
Produktion, Buch,
Regie & Kamera:
Rosa von Praunheim
Schnitt: Gisela Bienert
Darsteller: Carla Aulaulu, Klaus Tino, S.V.P., u.a.


Format: 16 mm
Laufzeit: 11 Min., Farbe
Gedreht in Berlin, Frühsommer 1968
EA: 7.3.1969, Hamburger Filmschau
TV: 9.5.1969, ZDF
Verleih: –
Von Rosa von Praunheim
1. Teil
Inmitten einer bürgerlichen Wohnkultur, die ins Extreme getrieben ist, vollzieht ein hemmungsloses Paar die bekannten Riten einer Liebesbeziehung, ekstatisch und lustvoll verzweifelnd. Die quirlige junge Frau (Carla Aulaulu), deren Busen das Maschenwerk eines schwarzen Netzes umkost, versucht, mit Gebärden hoffnungsloser Zärtlichkeit, dem jungen Mann (Rainer Kranich) zu helfen, der, schwer vom Schicksal geschlagen und in Gram versunken, neben ihr auf dem Bett liegt. Er ist gezeichnet, Gesicht und Körper sind nach schwerer Verbrennung entstellt. Ihre körperlichen Signale beachtet er kaum; die Lektüre eines guten Buches gibt der Empfindung seines großen Schmerzes Ausdruck und Würde.
Und so sieht man sie auf dem Bett nackt die Beine spreizen über ihn, den Lesenden. Ein Höhepunkt scheint zu kommen. Reißt die schöne unermüdliche Frau den entstellten jungen Mann nun doch aus den Fängen des grausamen Schicksals? Eine Nahaufnahme: die Eichel seines Schwanzes nähert sich der spitzen Warze ihrer Brust, berührt sie fast. Dann drängen aber wieder poetische Signale der Wohnkultur ins Bild: an der Zimmerdecke ein gemalter Sternenhimmel, Spiegel, Blumen, Kinderspielzeug, Nippes und ein goldener Thron. Die schwarzweißen Aufnahmen von Körpern, die sich zärtlich umarmen, werden schließlich von Farbaufnahmen abgelöst. Was nackt war, ist jetzt bürgerlich bekleidet.

2. Teil
Kaum der politischen Haft im Osten entronnen, gerät die Protagonistin in eine Theatervorstellung, in der mit der extremistischen linken intellektuellen Jugend abgerechnet wird. Die ehrliche und kraftvolle Darstellung des Hauptdarstellers, der ihr aus dem Herzen spricht, nimmt sie so gefangen, daß sie ihn für sich zu gewinnen sucht. Sie durchbricht seine selbstsichere, seriöse Art, indem sie sich ganz in seine Dienste stellt und mit der Idee eines positiven Theaters ihn zu großem künstlerischem und finanziellem Erfolg führt. Doch seine verdrängte Veranlagung hält ihrer bürgerlichen Strenge nicht stand, und er beschließt, sich auf die Seite der Revolution zu schlagen. Sie, schon längst vor dem Gesetz seine Frau, sucht ihn verzweifelt, ein Kind unter ihrem Herzen. Drei Tage später ist er tot. Sie verschließt sich in einem kleinen Zimmer ihrer Villa und verfällt geistiger Umnachtung, die sie eine Theorie der Idiotie entwickeln lässt. Sie entlässt die Zuschauer mit den Worten: Nieder mit der Intelligenz - es lebe der Tod. Der Film erhielt nach dem Erfolg auf den Oberhausener Kurzfilmtagen das Prädikat besonders wertvoll, bekam eine Kulturfilmprämie und wurde für 7000 Mark vom ZDF gekauft und gesendet. Praunheim hatte einen Freiraum innerhalb der offiziellen Fernsehkultur gefunden und stärkte allüberall im Sendegebiet die Vielfalt der Minderheiten.

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